Es gibt viele Debatten bezüglich des Urheberrechtes. Über das Für und Wider des Urheberrechtes und des Konzeptes geistigen Eigentums an sich, aber auch zum Beispiel der Länge, mit der ein exklusives Nutzungsrecht gewährt werden soll.

Manche meinen, das Urheberrecht sollte nicht auslaufen, bei Sacheigentum sei dies ja auch nicht der Fall. Was dabei meines Erachtens leider immer wieder ignoriert wird und bei solche Forderungen keine Berücksichtigung findet, das ist die Praktikabilität nicht-materieller Rechte, wie der Urheberrechte. Sowohl in Bezug auf das exklusive Verwertungsrecht, vor allem aber auch wegen der daraus entspringenden Notwendigkeit des sogenannten Lizenzerwerbes, also des Erwerbs einer Lizenz als Endverbraucher.
Das Problem mit solchen Nutzungsrechten ist aus meiner Sicht, wie man sie belegen soll. In den seltensten Fällen gibt es darüber eine Urkunde (für ein spezielles Computerprogramm habe ich eine schriftliche, klassische Urkunde zur Bestätigung meiner Lizenz; das wäre aber mW auch sauteuer und würde im Falle eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruches wegen illegaler, nicht-lizensierter Nutzung wohl auch nicht billig werden, deshalb muss da den Kunden schon eine gewisse Sicherheit geboten werden; ich habe die Lizenz (legal) vergünstigt über meine Bildungseinrichtung erwerben können, sie gilt nun aber lebenslang an meine Person gebunden).

Aber selbst wenn es eine Urkunde gibt: Wie ist das mit Übertragungen zum Beispiel durch Erbfall? Wer erbt die Lizenz, wenn es mehrere Erben gibt? Wie praktikabel nachweisen? Praktikabel meint, wie Aufwändig ist der Nachweis im Verhältnis zum Wert der Lizenz?

Nicht-physische Rechte lassen sich, wenn nicht sehr gut dokumentiert, doch kaum belegen/widerlegen/zurückverfolgen…

Eigentlich braucht es bei der Übertragung eine schriftlich fixierte Legitimationskette, die als Nachweis taugt. Um das ganze fair zu gestallten, müsste dieser Nachweis dann aber auch regelmäßig verlangt werden, sonst ist der Ehrliche der Dumme.

„Meine Großmutter hat vor ihrem Tod eine Lizenz erworben, die ist jetzt durch Erbfall auf mich übergegangen.“ Wie belegen, wie widerlegen? Der dazu notwendig Aufwand steht bei der Durchschnittslizenz für Unterhaltungswerke doch außerhalb jeden Verhältnisses.

Bei physischen Gegenständen (Sachen im Sinne des BGB) hat man da eine praktikable Regelung: Wer 30 Jahre lang guten Glaubens im Besitz einer Sache ist, der wird auch ihr Eigentümer. Das ist keine Enteignung, verstößt nicht gegen das Grundrecht auf Eigentum des vorherigen Eigentümers und ist eine sinnvolle, durchdachte Regelung. Sie soll Rechtssicherheit schaffen.

Physische Gegenstände haben halt den Vorteil, dass sie irgendwo da sind. Sind sie das nicht, da zum Beispiel vollständig vernichtet, ist das Eigentum an ihnen auch nichts wert.

Das macht es notwendig, grundsätzlich auch langfristiges Eigentum an solchen Gegenständen zu gewährleisten. Gemeinfreiheit ist hier nicht denkbar, ein Gegenstand kann nur von einer begrenzten Anzahl gleichzeitig benutzt werden. Hier wäre höchstens Gemeineigentum denkbar, also die Verwaltung der Sachen durch eine Behörde/die öffentliche Hand. Ob das so sinnvoll ist, sei mal dahin gestellt. Aber wenn jemand den Zugang reglementiert und ein ausschließliches Nutzungsrecht hat, dann hat er Eigentum. Es als Gemeinfreiheit zu bezeichnen wäre sachlich falsch, es wäre Eigentum, nur halt welches der Allgemeinheit. (Übrigens wollen auch Kommunisten nicht das Eigentum an Produktionsmitteln abschaffen, das wäre nicht praktikabel, wie auch Kommunisten einleuchtet; sie wollen es in Gemeineigentum überführen). Das niemand Eigentum an einer Sache hat, gibt es zwar, dann kann aber in der Regel jeder durch Inbesitznahme Eigentum erwerben. Die Fälle, in denen das bei Sachen nicht geht, sind höchstens formal Situationen ohne Eigentum, de facto haben wir dann Gemeineigentum.

Das Sacheigentum macht es nicht nur notwendig zeitlich unbefristetes Eigentum zu gewährleisten, es ermöglicht es zum Glück auch, dies halbwegs praktikabel auszugestalten.

Bei abstrakten, nicht an ein physisches Objekt gebundenen Rechten sieht die Lage aber anders aus. Hier kann man, wenn nicht gut dokumentiert, sehr schnell den Überblick verlieren. Dies um so schneller, je Älter diese Rechte sind und je unbedeutender das erworbene Recht in finanzieller Hinsicht ist, da hier keiner bereit ist den notwendigen Aufwand zu betreiben und eigentlich auch keiner daran denkt.

Andererseits ist bei Werken auch eine Gemeinfreiheit denkbar. Diese ist kein Gemeineigentum, was hier wohl kaum jemand (offen) fordern würde. Bei Gemeineigentum würde eine Behörde die exklusiven Rechte verwalten. Im Falle der Gemeinfreiheit hält niemand Eigentum, keiner hat ein exklusives Recht und im Rahmen der allgemeinen Gesetze kann das Werk jeder frei Nutzen und Kopien anstellen, ohne eine Privatperson, eine staatliche Stelle oder sonstige Abwandlung der öffentlichen Hand um Erlaubnis zu fragen. Man muss niemanden um Erlaubnis fragen, es gibt keine Zuteilung von staatlicher Seite oder einen Ausschluss von der Nutzung.

Das Gute: Gemeinfreiheit ist hier eine denkbare Option. Diese wird auch genutzt, aber erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.

Es heißt, man braucht das Urheberrecht, damit neue Werke geschaffen werden. Das ist nachvollziehbar. Aber liefe die Schutzfrist nur einige Jahrzehnte nach Erstveröffentlichung, es würde sicherlich deswegen kein Werk weniger geschaffen werden, als wenn das Urheberrecht bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Autors gilt. Dafür würde vieles vereinfacht werden.

Die Frage mit der Vererbung von Lizenzen wäre nicht vollständig erledigt, aber doch in ihrer Relevanz sehr eingeschränkt. Zwei oder drei Jahrzehnte einen Lizenzerwerb und seine Übertragungen zu dokumentieren ist eher zumutbar und praktikabel, als dies über 100 Jahre machen zu müssen.

Schon bei der Frage, wer die Verwertungsrechte an älteren Werken hat, gerade auch im Filmbereich, gibt es regelmäßig ein unübersehbares, rechtliches Chaos, da kaum noch jemand über die Vertragskonstruktionen und die darin vorgenommenen Übertragungen von Rechten durchblickt. Verschärft wird dies dadurch, dass man nicht weiß, wer da vielleicht noch mit einem Vertragsdokument, das kein anderer mehr hat oder an das kein anderer mehr denkt, plötzlich aus der Versenkung auftaucht.

Dieses verhindert die Verwertung und Verbreitung älterer Werke, anstatt sie zu befördern.

Es gibt halt kein zentrales Register von Urheber- und Verwertungsrechten, quasi als Pendant zum Grundbuchamt.

Aber selbst wenn es das gäbe, wie soll dann jemand praktikabel den Überblick über die erworbenen Rechte der Endverbraucher bewahren? Soll es ein Art Endverbraucherlizenz-Register geben, in das jeder eBook-Erwerb, jeden MP3-Kauf  eingetragen werden kann (oder gar muss, wenn man Rechtssicherheit haben will)?

Datenschützer würden im Dreieck hüpfen und Kopfstände veranstalten, wenn nicht nur im Streitfall durch ein Gericht, sondern pauschal im Voraus der private Medienkonsum auf diese Weise faktisch in einem Zentralregister oder in in mehreren formal dezentralen, aber leicht vernetzbaren, staatlichen Registern erfasst würden.

Wer über „geistiges Eigentum“ redet und mit vergleichen zu materiellem Eigentum kommt, sollte diese Probleme im Hinterkopf behalten.